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Unternehmen neu gedacht  
Mann hält Smartphone in der Hand vor sein Gesicht

Seien wir ehrlich: Die Art und Weise wie seit Corona-Zeiten auf LinkedIn Nabelschau gehalten wird, ist so was von «linkisch» geworden. Da wird auf Teufel komm raus noch plakativer und reisserischer von sich und seinem Unternehmen geschwärmt, überbordend und in trügerisch «bestem» Licht. Diese Angewohnheit ist bereits Alltag. Aber der Schuss kann auch hinten raus.

Egal, ob nach Kunden oder Mitarbeitenden gefischt wird, die Wahrheit kommt recht schnell zu Tage, meist schon auf den Plattformen selbsz. Schaut man sich das sogenannte «Engagement» der eigenen Mitarbeitenden und Kolleg:innen im Unternehmen auf einem Post an, wird klar: Wenn die eigenen Leute nicht mal teilen, was die Firma zu erzählen weiss, dann wird das wohl nichts mit Teamspirit und Reichweite.

Die Häufigkeit von Kontaktanfragen via Direktnachricht, den LinkedIn Sales Navigator oder gar als Direktnachrichten getarnte bezahlte Anzeigen nimmt exponentiell zu. Hierbei geht es um die angelsächsisch geprägte Form der Lead-Generierung und der immergleichen Masche, potentiellen Kunden weiszumachen, wie man auf ganz einfache Weise den Umsatz um ein Vielfaches erhöhen könne. Welchen Umsatz und mit was denn bitte?

In erster Linie geht es nur um möglichst viele Kontakte und dadurch Reichweite für den Sender, nicht den Empfänger. Und dabei spielt es keine Rolle, wie offensichtlich das Ziel des Schreibenden ist: «Ich will Aufmerksamkeit!» schreien alle unisono aus digitalen Kehlen. Einige User bespielen LinkedIn analog Facebook inzwischen sogar mit Privatem.

It’s the authenticity, stupid!

Ok, ich bin Werbe- und Kommunikationsberater. Werbeagenturen wie Mosaiq sind Wirtschaftsunternehmen und müssen Geld verdienen. Gleichzeitig haben die Botschaften, die sie aussenden, je nach Bekanntheitsgrad und Reichweite des Kunden / Mandanten einen enormen Einfluss auf die Gesellschaft. Wie gehen wir mit der Verantwortung um, die daraus erwächst? Oder wie stehen wir zu moralisch fragwürdigen Aufträgen?

Aus wirtschaftlicher Sicht sollte ich wohl nicht den Ast absägen, auf dem ich sitze. Trotzdem ist es mir wichtig, dass ich hinter den Angeboten stehen kann, die ich vermarkte. Ich will die Alleinstellungsmerkmale meines Mandanten und den Mehrwert für seine Kunden herausschälen, diese zwar attraktiv, doch auch authentisch dokumentieren. Ich bin kein Freund von reisserischen Headlines und Prahlerei. Auch empfinde ich den Lärm in den sozialen Medien, das oberflächliche Geschwafel über die eigenen Erfolge und die immergleichen Sätze (interessanter Beitrag, spannendes Referat von…, toller Ausflug etc.) inzwischen als nicht nur störend, sondern als pure Reizüberflutung. So halte ich mich in letzter Zeit auf LinkedIn eher zurück und poste oder teile nur dann einen Beitrag, wenn

  1. er Interesse und Emotionen weckt (da sind die teils derben WhatsApp-Chats vielfach ehrlicher und amüsanter),
  2. er etwas preisgibt, das eine eigene Denkweise verrät (persönlich, nicht die der KI) und uns ein echtes Profil gibt (nicht fake),
  3. er den Purpose, also Werte wie Ethik und Moral, des Unternehmens vermittelt und/oder
  4. einen Mehrwert bietet, der es lohnt, Kontakt aufzunehmen.

Achtet denn überhaupt noch jemand auf mögliche Signale und Botschaften von anderen Usern? Gehen die Sender konkret auf Mitteilungen und Bedürfnisse der Empfänger ein? Wohl kaum. Der Like-Button genügt ja um sich bemerkbar zu machen. Es ist nicht viel anders als beim physisch-analogen Netzwerk-Talk. Wer zu offensichtlich und selbstverliebt von sich schwärmt, steht recht bald allein am (virtuellen) Apéro-Tischchen. Da nützen auch Filmchen und Animatiönchen nichts.

Was ist denn die Essenz von Personal Branding?

Es sind die persönlichen Erfahrungen, Geschichten, Ups and Downs auf der Storyline eines Menschen oder einer Unternehmung; Tipps und Ratschläge an andere und was sie daraus lernen können. In meiner Kindheit waren Harrison Ford, Dave Gahan oder Bruce Dickinson einfach Namen, von denen man nicht viel hörte oder las. Heute sind diese Stars einen Mausklick oder TV-Zap von uns weg und wir verfolgen ihre Lebensgeschichten hautnah.

Gute Beispiele finden wir eher selten auf Social Media, sondern spät abends als Dokumentationen auf TV-Sendern wie Arte, in Filmen, Büchern oder Interviews. Es sind Biografien, die zeigen, dass selbst Menschen und Institutionen mit weltweiter Bekanntheit den Erfolg nicht einfach gepachtet haben. Sie arbeiten permanent an ihrer Entwicklung, probieren aus, scheitern, versuchen es nochmals, haben dann Erfolg – und alles wieder von vorne. Von Menschen wie Dave Grohl und Ed Sheeran können wir lernen, dass je ehrlicher wir kommunizieren, desto nahbarer werden wir, ohne alles ganz Private offenlegen zu müssen. Und das war eigentlich eine der Grundideen der Social Networks.

Mit Hirnschmalz und Arbeit

Gutes, regelmässiges Storytelling zu betreiben, wertvolle und interessante Inhalte herzustellen,
kostet Zeit und Geld. Warum also nicht mit einem roten Faden, klarem Konzept, zeitlich sinnvoll getaktetem Redaktionsplan, individueller Handschrift und ein wenig Mut zum persönlichen Seelen-Striptease? Eine Investition in die Qualität Ihrer Kommunikation, die sich auszahlt. Denn wer etwas Echtes zu erzählen weiss, hat auch Zuhörer.

A propos!

«BusinessNew» ist für uns und unsere Content Partner als Kommunikationsinstrument genau dazu
gedacht, wertvolle Informationen an Sie und Ihre Kund:innen weiterzugeben und den Dialog zu fördern. Nutzen Sie doch einfach unseren LinkedIn-Kanal, um mit uns über die verschiedenen Themen zu diskutieren und debattieren. Und schauen Sie sich unbedingt un-told.ch unserer Partner von relement an (siehe folgenden Gastartikel: businessNew auf LinkedIn).

AutorIn

Mosaiq Kommunikationsagentur

Als Techniker HF seit 30 Jahren in der grafischen Branche und Inhaber seiner Fullservice-Agentur tätig, unterstützt Reto Spiegel seine Kunden hauptsächlich in Markenstrategie, Kommunikationsberatung und Customer Experience Management. Nebst diversen Organisationen engagiert er sich in der grafischen Branche für die Aus- und Weiterbildung.